Ein Tag aus der Sicht des Smuts

Neun Tage, nachdem wir unsere Überfahrt nach St. Lucia begonnen haben, düsen wir wieder mal mit bis zu 13,5 Knoten unter Sturmspi durch die Wellen. Das Wasser ist blau, ab und zu besucht uns ein Tropikvogel und die Stimmung ist bestens. Damit es nicht allzu langweilig wird, wenn wir immer nur aus dem Alltag im Wachsystem berichten, soll es im heutigen Beitrag mal um einen Tag aus der Perspektive des Smuts gehen. Wie man aus den letzten Beiträgen vielleicht herauslesen konnte, spielt das Essen an Bord eine entscheidende Rolle. Ist das Essen gut, ist auch die Stimmung gut. Als Smut trägt man also eine gewisse Verantwortung, die nicht zu unterschätzen ist.

Zunächst eine kurze Erläuterung für diejenigen, die mit dem Wort bisher nichts anfangen können: Der Smut ist der Koch an Bord und wechselt bei uns täglich. Das hat den Vorteil, dass man nach dem Smuten in die andere Wache wechselt und so die Chance hat, mit möglichst vielen verschiedenen Mitsegelnden mal in einer Wache zu segeln. Aber von Anfang an. Morgens wird man zum Frühstück geweckt. Das ist allgemein eine sehr schöne Sache an Bord: Man wird zwar nach wenig Schlaf geweckt und zu Zeiten, zu denen man eigentlich freiwillig nicht unbedingt aufstehen würde, aber dafür passiert das oft deswegen, weil die nächste Mahlzeit ansteht. Wenn alle mit dem Frühstücken fertig sind, beginnt die Arbeitszeit des neuen Smuts damit, dass er die Tische abräumt und Wasser aufsetzt, damit die Vormittagswache heißes Wasser für den Abwasch hat.

Dann geht es los mit dem Freizeitstress, denn bis es an die Vorbereitung des Mittagessens geht, hat man keine Aufgabe. Der Smut ist nämlich wachfrei, damit er sich mit voller Energie um die Zubereitung der Mahlzeiten kümmern kann. Soll man jetzt also schlafen, lesen, Tagebuch schreiben, sich zur Wache an Deck setzen, Musik hören, oder vielleicht von allem ein bisschen? Auf jeden Fall kann man seine Freizeit frei gestalten, bis man sich die ersten Gedanken über das Mittagessen machen muss. Das soll natürlich pünktlich um 13:30 Uhr serviert werden. Immerhin muss man sich keine großen Gedanken machen, was man kochen will, denn der Speiseplan steht schon fest und beinhaltet Gerichte wie Kartoffeln mit Kräuterquark, Pasta al Limone oder Linsendal. Zu Hause würde man vielleicht frühestens eine Stunde vorher mit den Essensvorbereitungen beginnen, aber hier auf See lohnt es sich, schon 2-3 Stunden vorher anzufangen. Zutaten für eine Mahlezit zu schnippeln, von der 12 Leute satt werden sollen, dauert nämlich so seine Zeit. Und dann kommt natürlich noch das Suchen der Zutaten auf einen zu. Wo könnten sich wohl die Kichererbsen verstecken? In welcher Bilge oder hinter welchem Schapp findet man Öl, wenn die angebrochene Flasche fast leer ist? Und wo im Kühlschrank wurde zuletzt ein Stück Parmesan gesichtet? Sind alle Zutaten zusammengesammelt, kann das Kochen beginnen. Dabei besteht die größte Herausforderung darin, sich aufrecht zu halten und nicht am Topf zu verbrennen, wenn sich der Peter in der Welle mal in die eine, mal in die andere Richtung neigt. Zeitgleich muss man auch noch aufpassen, dass man beim Öffnen jeglicher Schapps nicht von Konserven oder Tupperdosen erschlagen wird oder Gewürze ihren Weg ins Essen finden, die da eigentlich gar nicht hineingehören. Und dann natürlich die große Frage: Wird das Nudelwasser, das man extra eine Stunde vorher aufgesetzt hat, rechtzeitig kochen?

Ist einem all das gelungen und das Essen einigermaßen pünktlich fertig geworden, wird man mit der Dankbarkeit der Crew belohnt und kann der aufziehenden Wache das Schlachtfeld in der Pantry überlassen, denn wer gekocht hat, muss natürlich nicht spülen. Vielleicht steht danach noch eine Bananen-Vernichtungsaktion an, also die Produktion eines Bananenbrots oder einer Bananenmilch. Ansonsten stellen sich am Nachmittag die gleichen Fragen zur Freizeitgestaltung wie schon am Vormittag. Zwischendurch freut sich die Nachmittagswache, wenn der Smut gegen 16 Uhr einen Nachmittagskaffe oder Tee bereit hält, und dann geht es gedanklich schon wieder an die Vorbereitung des Abendessens. Die Vorbereitungen dessen sind aber nicht ganz so aufwändig wie die des Mittagessens, sodass der Smut auch Zeit hat, gegen 18 Uhr zum Sundowner mit den anderen an Deck zu sitzen. Nach dem Abendbrot muss dann nur noch schnell der Tisch abgeräumt werden und dann beginnt das Highlight des Smutens: Eine ganze Nacht ohne Nachtwache! Der Smut kann nämlich die ganze Nacht durchschlafen (vorausgesetzt, es soll nachts kein Spi geborgen werden oder ähnliches, dann wird man als Smut nämlich als erstes geweckt).

Am nächsten Morgen lässt man sich dann gegen 6 Uhr wecken, um das Frühstück vorzubereiten. Wenn man die Nachtwachen ordentlich instruiert hat, kann man direkt nach dem Aufstehen ein frisch gebackenes Brot aus dem Ofen ziehen. Den Rest der Zeit bis 7:30 Uhr verbingt man dann damit, im Kühlschrank nach Marmelade zu tauchen, Obstsalat zu schnippeln und der Wache vielleicht schon mal einen Kaffee nach draußen zu bringen, um die Wartezeit auf das Frühstück zu versüßen.

Und dann, wenn alle gefrühstückt haben, ist die Zeit als Smut auch schon um und man schließt sich der Vormittagswache an. So ein Tag als Smut ist zwischendurch mal ganz schön, aber wenn man dann wieder draußen mit anpacken kann, ist das auch wieder nett.

Sehr kurze Kurzzusammenfassung:

Datum und Uhrzeit: 29.11.2022, 19:40 Uhr

Position: 16°10,4’ N, 041°59.6‘ W

Stimmung an Bord: entspannt und gut

Jette

Today is the day – Bergfest

Man könnte ja denken, dass nach über einer Woche auf See, mit den gleichen 12 Leuten, einem die Gesprächsthemen ausgehen. Doch kann ich berichten, dass das Gegenteil der Fall ist. Dabei sind die Themen weit gestreut. Von Fragen über die Definition von Liebe, die Ankunftsbeschäftigung, Bestechlichkeit, Vogelarten und Schiffstypen, ist alles dabei. Doch ein Thema, welches bereits seit Tagen in unseren Köpfen spukt, ist die Frage nach dem Bergfest. Auf den vergangenen Etappen feierten wir (mal mehr, mal weniger erfolgreich) die Hälfte der Etappe. Auf dem Atlantik erschien uns das jedoch unpasssend, wir wollten lieber die Hälfte der Überquerung feiern. Nun stellte sich aber die Frage, wann dieser Punkt überschritten ist. Akademisch, wie wir veranlagt sind, kamen verschiedene Thesen auf. Man könnte natürlich die Hälfte der von der ARC ausgeschriebenen Strecke nehmen, diese Option fiel aber schnell raus. Es wurde angemerkt, dass durch den von uns zurückgelegten
„Pissbogen“ ( der Schlenker nach Süden, um den Passat zu erreichen) wir ja deutlich mehr Strecke fahren. Alternativ stand auch die Option im Raum die Überquerung des mittleren Längengrades zu feiern. Eine weitere Idee war den Zeitpunkt zu feiern, wenn die bereits gefahrene und die noch zu fahrende Strecke identisch sind. Oder wir vertrauen auf Heiners alte Seekarte, auf der ein Ort mit der Bezeichnung „Bergfest“ eingetragen war, wie dieser entstanden ist, ist allerdings unklar. Gestern verschwand Heiner dann für längere Zeit in der Navi und legte das Bergfest für den heutigen Montag fest. Nach welchem Maßstab dieses festgelegt wurde, verschweigt er aber nach wie vor.
Doch um überhaupt am Ziel ankommen zu können, mussten wir noch einmal halsen. Rätselten wir gestern noch wo wir mit dem aktuellen Kurs ankämen, vermutlich Brasilien, allerdings hatten wir nicht die passende Karte, um das zu bestätigen. Jetzt aber düsen wir wieder mit bis zu 13 Knoten in Richtung St. Lucia.
Um 18 Uhr war es dann soweit,  der Schiffer lud zum Bergfest inklusive Sundowner. Zur Einstimmung auf die Karibik drang Reggae-Musik aus Boris. Jedoch war die Auswahl aufgrund mangelnden Internets sehr klein, drum griffen wir zur Gitarre und machten unsere eigene Musik. Danach wurden noch Hot-Dogs gereicht. Für mich ging es dann in die Koje und schon war der nächste ereignisreiche Tag zu Ende.


Kurzzusammenfassung
Datum und Uhrzeit: 29.11.2022; 02:00 (später als gewohnt…der Schreiber des Textes musste noch feiern)
Position: 15° 47,9’N; 039° 24,1’W
Wetter: Schweißtreibend, fühlt sich nicht an wie November 😉
Liedempfehlung: Three little Birds -Bob Marley
Top-Speed: 13,4 Knoten
Vernichtete Rumflaschen: 1, also ist morgige Aufgabe eine Flaschenpost zu schreiben
Gesichtete Sternschnuppen: mindestens 13
Annika

Atltaniküberquerung Tag 8

Wie versprochen beginnen wir mit dem gestrigen Abendessen. Annika zauberte uns Arepas, mit schwarzen Bohnen und frisch zubereiteter Guacamole. Ich habe Arepas erst auf der Reise kennengelernt und kann euch sagen, schmeckt hervorragend!
Nach dem leckeren Essen ging es für uns an Deck und für die andere Wache in die Koje. Die Nacht begann damit, dass Heiner aus seinem Tagebucheintrag von diesem Tag von der Überquerung von vor 20 Jahren erzählte, dies endete darin, dass viele alte Geschichten ausgepackt wurden über die Columbusreise bis hin zur ARC vor 10 Jahren. Bei so viele spannenden Geschichten, gehen die 4h erstaunlich schnell um. Happy und müde begaben wir uns in unsere Koje.
Als wir um 4 Uhr wieder an Deck kamen, hatte der Wind deutlich östlich gedreht, so dass wir mit beiden Wachen zusammen eine Halse fuhren, bevor die letzten Stunden Nacht an uns übergeben wurden. Als es langsam hell wurde, bereiteten wir alles vor, um pünktlich zum Sunset einen Spiset machen zu können (siehe https://www.asv-kiel.de/wp/2022/11/was-kann-der-hecht-dafuer-dass-die-welt-so-gross-ist/). Die Sonne war schon erstaunlich warm, obwohl sie kaum hinter den Wolken hervorragte.
Mit dem Spi oben wurden wir nach dem Frühstück in den Schlaf geschaukelt und waren froh, dass wir erst gegen Mittag wieder raus mussten, denn da ist die Sonne schon hinter den Segeln und es lässt sich an Deck gut aushalten.
Obwohl wir jetzt schon eine Woche auf See sind, wird sich immernoch ums Steuer gerissen. Wer erst noch seine Sehkraft aktivieren muss vor der Wache, hat da meist einen kleinen Nachteil. Aber am Ende des Tages kommt ein Glück jeder dazu ein Wenig am Rad zu drehen.
Die Nachmittagswache fing heute mit einem Flautenloch an. Circa 20 Minuten lang flappten die Segel und wir fuhren keine 4 Knoten über Grund. Ein Glück änderte sich dies, sobald die Wolken über uns weg waren. Seither düsen wir wieder mit bis zu 12 Knoten durch das blaue Wasser. Zu unserem Nachmittagskaffee reichte uns Jette als Smut ein frisch gebackenes Bananenbrot. Was dort als Geheimzutat drin war, hat sie uns nicht verraten aber ich glaube es war ein Clown, denn die Stimmung an Deck wurde plötzlich ziemlich albern. Vielleicht war es auch nur der Zucker, wer weiß. 😉
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir mit Doppelkopf spielen im Achtercockpit, bevor wir kurz vor Sonnenuntergang den täglichen Spi-Check machten und feststellten, dass der Schutzmantel am Achterholer langsam nicht mehr wollte und wir handeln sollten. Nach langem überlegen wurde man sich einig, dass das Wechseln bei dem kleinen Sturmspi gar nicht so einfach war, ohne ihn zu bergen. Daher machten wir Worte zu Taten und nahmen den Spi kurz runter, tauschten den Achterholer, packten den Spi neu und setzten ihn wieder. Wie Jette gestern schon beschrieb haben wir inzwischen eine relativ gute Routine und die Manöver gehen immer schneller, so dass wir vor Sonnenuntergang ein für die Nacht vorbereitetetes Schiff hatten.

Kurzzusammenfassung:
Datum und Uhrzeit: 27.11.2022, 20 Uhr
Position: 17°45,5′ N; 035°40,5′ W
Wetter: Ostnordost, 5 Bft, wolkenklar
Etmal: 200 nm
Gesichtete Schiffe: 2, davon Funkkontakt: 1 (unser Nachbar aus Las Palmas)
Gesichtete Tiere: Rotschnabel-Tropikvogel
Noch verfügbare Banenen: 0

Svenja

ARC – 26. November

Kaum zu glauben, dass wir mittlerweile seit fast einer Woche unterwegs sind! In den letzten 24 Stunden war es weiterhin sehr aushaltbar an Bord. Frisch geduscht wie gestern lässt sich ein Nachmittagsschläfchen doch am besten genießen. Zur Kaffeezeit saß unser Schiffer frisch rasiert, im frischen Hemd und mit einem Zigarillo im Mittelcockpit. Kurz gesagt: Ihm ging es gut, und vom Rest der Crew kann man das gleiche behaupten. Gegen Abend wurde sogar die Musikbox herausgeholt und Crew und Schiffsführung versammelten sich zu einem spontanen Reggae-Jam im Achtercockpit. Nach dem Abendessen begann für uns die erste Nachtwache. In dieser Nacht zeigte sich zum ersten Mal seit Langem mal wieder der Mond, wenn auch nur für einen kurzen Besuch. Unter Spi surften wir die vom Meeresleuchten glitzernden Wellen hinunter und das Steuern machte eine Menge Spaß. Trotzdem ist es natürlich ganz nett, wenn man gegen Mitternacht die andere Wache wecken und mit der Aussicht auf 4 Stunden Schlaf
in der Koje verschwinden kann. In der zweiten Nachtwache bot sich uns dieses Mal ein besonders schöner Sonnenaufgang: Zum ersten Mal seit Beginn der Überfahrt versteckte sich die Sonne nicht hinter den Wolken, sondern es war am Horizont zu sehen, wie sie aus dem Meer auftauchte. Währenddessen zog aus der Pantry ein köstlicher Duft ins Achtercockpit, denn unter Deck wurden zum Frühstück Croissants aufgebacken. Als dann noch entdeckt wurde, dass über Nacht ein dritter fliegender Fisch seinen Weg an Deck gefunden hatte, war das Frühstücks-Glück perfekt. Die Fische wurden von Heiner perfekt zubereitet und nach dem köstlichen Frühstück verschwanden wir erst einmal gut gesättigt in unseren Kojen, um der anderen Wache das Feld zu überlassen.
Der Wind ließ tagsüber nicht nach, sodass der Nivea-Spi heute unter Deck bleiben musste und der Sturmspi dafür weiterhin die Sonne genießen durfte. Kurz nach dem Wachwechsel zum Mittagessen, während wir gerade die Sonne und das unendlich blaue Wasser um uns herum genossen, herrschte dann plötzlich Aufregung an Deck: Ein Wal! Tatsächlich war in einiger Entfernung ein großer Wal zu beobachten, der aus dem Wasser sprang und uns eine kleine Show bot. Laut unserem Meeresbiologen an Bord (der zugleich auch Astronom oder Experte für Bootstypen ist, je nachdem, was man gerade so braucht), müsste es sich hierbei um einen Buckelwal gehandelt haben.
Ewig währte aber auch das Sonnenglück des Sturmspis nicht, obwohl es schon schön war, mit 10-14 Knoten in die richtige Richtung zu sausen. Der Wind hatte aber so weit zugenommen, dass wir ihn rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit bergen mussten. Das ging recht zügig, denn mittlerweile wissen alle, was bei einem solchen Manöver zu tun und zu erwarten ist. Im Anschluss daran wurde die G3 mal wieder ausgebaumt. Jetzt rasen wir nicht mehr so dahin wie unter Spi, aber das Steuern ist jetzt wesentlich enstpannter. Und bestimmt fahren wir unserer Konkurrenz auch so noch davon. Zum Sonnenuntergang war fast die gesamte Crew wach und so konnten wir gemeinsam einen leckeren Sundowner an Bord des „Kreuzfahrtseglers“ Peter von Danzig genießen, sogar mit Orangenscheiben am Rand des Glases. Man könnte es wirklich schlechter treffen.
Jetzt muss ich zum Abendbrot kommen, denn Annika hat venezolanisch gekocht und es riecht schon verführerisch. Morgen wird Euch die andere Wache im nächsten Blogbeitrag berichten, wie es geschmeckt hat.

Kurzzusammenfassung
Datum und Uhrzeit: 26.11.2022, 20 Uhr Bordzeit
Position: 18 53,0 N, 032 44,8 E
Wetter: Wind aus Nordost, 6 Bft, sonnig/sternig mit kleineren Wolken
Gesichtete Wale: 1!
Frisch rasierte Schnurrbärte: 1
Beendete Käpt’n Blaubär-Kapitel: 6
Letztes Etmal (in 24 Stunden gesegelte Strecke): 195 Seemeilen
Gesamtzahl gefangener fliegender Fische: 3 ½ (ein sehr kleines Exemplar wurde wieder in den Atlantik entlassen)

Jette

Der wievielte Tag auf See ist heute?

Zu Beginn unserer ersten Nachtwache wurde seit Tagen mal wieder deutlich, dass andere Schiffe in unserer Nähe sind, auch wenn wir sie nicht sehen konnten. Zuerst funkte uns der alte Peter an, um zu hören wie es uns geht. Danach meldete sich ein weiteres Schiff bei uns, welches unsere Hilfe benötigte, weil ihr Guthaben des Iridium-Go (Satellitenempfang) aufgebraucht war und sie, außer UKW-Funk, keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen können. Sie baten uns eine Mail für sie rauszuschicken. Also taten wir genau das. Heute früh erhielten wir per Mail direkt eine Antwort, dass die Hilfeleistung erfolgreich war und sie für uns bereits eine Flasche Champagner kalt gestellt haben. Wir freuen uns schon mit den beiden in St. Lucia gemeinsam anzustoßen.
Die restliche Zeit der ersten Nachtwache verging relativ entspannt und wir freuten uns über die 4h Schlaf, die uns bevorstanden.
Die zweite Nachtwache ab 4 Uhr ging etwas schläfrig los. Nachdem wir weiter im 6. Leben des Käpt’n Blaubären gelesen hatten, tat sich die Diskussion auf, wie dunkel es denn heute Nacht sei, auf der Skala von Prof. Nachtigaller. Nach einigem Hin und Her überlegen wurden wir uns einig, eine Nacht ohne Mond aber mit Sternen müsste in etwa eine Dunkelheit von 0,5 Nachtigall haben.
Zum Sonnenaufgang begann es Leben in der Pantry zu geben. Der Smut beglückte uns mit einem English Breakfast und frisch gebackenem Brot. Gut gesättigt und glücklich von der mit Spi durchseglten Nacht wanderten wir in unsere Kojen und die andere Wache fing an, an Deck Action zu machen, denn wir wollten tagsüber wieder auf einen größeren Spi wechseln, um im Hellen möglichst viel Strecke zu machen. Als ich zum Mittagessen geweckt wurde (es gab Labskaus für alle verschiedenen Ernährungsformen), strahlte der Nivea Spi in der Sonne und es war viel zu warm. Der Gedanke, dass es in Kiel in den letzten Tagen schon geschneit hat und in ein paar Tagen der erste Advent ist, kommt uns etwas absurd vor. 😀

Begleitet von fliegenden Fischen übernahm unsere Wache das Ruder und die abziehende Wache tat es unserer Aktion gestern nach und nutze die Mittagssonne für eine Körperwaschung im Mittelcockpit.
Vor kurzer Zeit haben wir ein Schiff am Horizont gesichtet. Von unserer On-Shore Crew wurde uns heute früh mitgeteilt, dass ein Mitstreiter 10 nm vorraus sein soll. Im AIS konnten wir identifizieren, dass es sich um genau dieses Boot handelt, es inzwischen aber nur noch 6 nm voraus ist. Gibt kaum was, was den Racing Mode an Bord besser aufrechterhält, als wenn man weiß, dass man zu seinen Konkurrenten aufholt. 😉
Nachdem wir unseren Trimm nochmal optimiert haben, sitzen wir jetzt in einem Lesekreis im Achtercockpit und genießen im Schatten der Segel die Atmosphäre und einen Kaffee.


Kurzusammenfassung:
Datum und Uhrzeit: 25.11.2022 17:00 Uhr Bordzeit
Position: 19°16,3′ N; 028°44,0′ W
Wetter: Nordostwind, 3-4 Bft, sonnig
Zurückgelegte Strecke in 24h: 200 nm
Gefangene fliegende Fische: 1
Musikempfehlung des Tages: Fliegende Fische – Neon Schwarz
Frisch geduschte Leute: 6
Rasierte Bärte: 2
Stimmung an Bord: Lässt sich mit Kraft gerade so aushalten aka sehr gut 😉

Svenja

Die Halse

Mittlerweile sind wir den fünften Tag unterwegs und können trotzdem immer noch Neues berichten. Beklagten wir uns die letzten Tage noch über zu wenig tierische Begleitung, änderte sich die heute schlagartig. Die 4-8 Uhr Wache war gerade unter Deck geklettert, um ihr wohlverdientes Frühstück einzunehmen. Da erklangen von Deck aufgeregte Schreie: Delfine wurden gesichtet. Im Sonnenaufgang begleitete uns eine Delfinschule, die fliegende Fische jagte. Die Sichtung fliegender Fische wird derzeit immer regelmäßiger. Auch Sturmvögel begleiten unseren Weg. Als die Delfine verschwunden waren, konnten wir uns dem eigentlichen Programm wieder widmen. Der Nivea-Spi beklagte sich über die schlechte Luft im Vorschiff und wollte endlich wieder Tageslicht erblicken, diesen Wunsch konnten wir ihm nicht länger verweigern. So wurde die Freiwache dann gemütlich in den Schlaf geschaukelt, mit der Besonderheit, dass wir sogar eine halbe Stunde länger schlafen konnten. Wir müssen nämlich alle paar Tage die Uhren umstellen, damit die Sonne nicht erst nachmittags aufgeht. Also stellten wir die Uhr heute das erste Mal eine Stunde zurück.

Außerdem stand ein weiteres Manöver für den heutigen Tag an: Bereits gestern verkündete Heiner, dass wir heute unsere Wendemarke erreichen würden. Genauer gesagt war es eine Halsenmarke und zu sehen war dieser Punkt leider auch nicht. So gingen wir voller Motivation dieses Manöver an. Über Nacht soll der Wind noch etwas zunehmen, daher nutzen wir die Halse gleich auch zum Segelwechsel. Nur rauschen wir mit bis zu 12 Knoten gen Westen, hurra!

Auch sonst scheint Heiner heute in Spendierlaune: jeder durfte 1,5L Frischwasser aus dem Tank zur persönlichen Körperpflege verwenden. Vielleicht hat ihn aber auch nur unser Geruch gestört, man weiß es nicht. Wie auch immer, zum Wachwechsel verwandelte sich das Mittelcockpit in ein Planschbecken.

Kurzzusammenfassung:

Datum und Uhrzeit: 24.11.2022, 1830 (Bordzeit)

Position: 19° 29,3N; 025° 35,8W

Wetter: Nordostwind; 4 Windstärke, fast keine Wolken

Gesehene Tiere: Delfine; fliegende Fische und Sturmvögel

Essen: Couscoussalat mit Feta und wahlweise Rindfleisch aus der Dose, abends Quesadillas

Stimmung: wir segeln mit Spi der Sonne entgegen…da kann die Stimmung nur super sein 😉

Annika

Die Tiefen einer Nachtwache

Je länger man unterwegs ist, desto interessanter werden die Gespräche an Bord. Henry verkündete zum Wachwechsel in die ersten Nachtwache, dass der Atlantik hier 5000 m tief sei. Daraufhin begann die Überlegung wie es denn wäre hier zu ankern. Könnte man die 5-fache Leinenlänge (25 km) oder die 3-fache Kettenlänge (15 km) leichter wieder einholen, wenn man weitersegeln will? Und was für einen Radius müsste man für den Ankeralarm einstellen, damit er definitiv nicht auslöst, wenn man schwojet aber auch nicht zu weiträumig ist?
Nachdem diese wichtigen Fragen hinreichend diskutiert waren, machte sich die abziehende Wache auf den Weg in ihre Koje und wir widmeten uns einem Herren, der ebenfalls viele interessante Gedanken hatte: Walter Moers. Während ich am Steuer stand, laß Laura aus dem 4. Leben des Kapitän Blaubärs vor. Bei so vielen Leckereien, wie es auf der Feinschmecker Insel gab, bekam man schon fast wieder Hunger, dabei hatten wir doch gerade erst zu Abend gegessen… ein Glück ist es ja nichts Neues, dass man an Bord ständig Hunger hat. Ein Hoch auf unsere gute Auswahl an Snacks. 😉
Immer wieder erstaunlich wie schnell 4h Nachtwache vorbei gehen, wenn man sich gut unterhält oder in ruhigen Minuten mit Sternschnuppen gucken beschäftigt ist.

In unsere zweite Nachtwache starteten wir alle etwas müder aber nachdem wir ein weiteres Kapitel im Buch gelesen hatten, waren auch hier wieder unterschiedlichste Gesprächsthemen im Raum. Dies endete darin, dass wir beim Sonnenaufgang alle wild durcheinander Zeilen von „Drink doch eine met“,  „I shot the Sheriff“, „Radio“ und „Unangenehm“ vor uns hersummten. Wie man mehrere Ohrwürmer gleichzeitig haben kann ist uns noch nicht ganz schlüssig aber es geht… 😀

Kurzusammenfassung:

Datum und Uhrzeit: 23.11.2022, 8:00 Uhr
Position: 22°50,3‘ N, 022°40,7’ W
Wind: 4-5 Bft
Zurückgelegte Strecke in 12h: 109 nm
Nachthöchstgeschwindigkeit: 14 kn
Gesichtete Sternschnuppen: 13 1/2, ach ne… das waren ja die Leben des Kapitän Blaubär
Gesichtete Schiffe: 0


Svenja

Tag 3 der ARC

Aktuell geht die ARC für uns so vergnüglich weiter, wie es sich gestern schon abgezeichnet hatte. Nachdem wir gestern noch den ganzen Tag mit der ausgebaumten G3 unterwegs waren, wurde heute mal ein anderes, etwas bunteres Vorsegel ausgepackt. Jetzt surfen wir unter Spi die Wellen runter und am Steuer zu stehen ist ein großer Spaß. Noch muss man rechtzeitig eine Nummer ziehen, um mal steuern zu dürfen, auch wenn uns wohl noch ein paar Tage Zeit bleiben werden, um den Spi auszukosten. Leider funktioniert das mit dem versenden von Bildern von See aus ja nicht so gut, sonst könnten wir euch sehr schöne Aufnahmen vom Sturmspi präsentieren.

Die letzte Nacht war auch eine sehr aushaltbare. Sobald die Sonne weg ist, ist die T-Shirt-Zeit zwar vorbei, aber in Ölzeughose und Fleecejacke ist es auch sehr schön an Deck. Vor allem, wenn man gerade die wichtige Position der Sternschnuppenwache bekleidet. Sternschnuppen gab es in den letzten beiden Nächten zahlreiche zu sehen, da muss man sich am besten vor der Wache ausreichend Wünsche zurechtlegen, damit einem im entscheidenden Moment auch einer einfällt.

Auch ansonsten geht es uns gut. Wir werden vom täglich wechselnden Smut wunderbar bekocht und das Bordbistro hat auch ausreichend köstliche Snacks im Angebot. Mittlerweile haben wir uns auch alle so weit eingeschaukelt, dass auch jeder was davon hat. Und die Solarpanele haben uns heute, bevor der Spi angefangen hat, seinen Schatten darauf zu werfen, ordentlich mit Strom versorgt. Da konnten zum Mittagessen einige sonnengekühlte Biere aus dem Kühlschrank genossen werden.
Nur die Walsichtungen halten sich bisher in Grenzen, aber man muss ja auch noch ein Highlight für die nächsten Blogbeiträge übrig lassen.

Kurzzusammenfassung:
Datum und Uhrzeit: 22.11.2022, 17 Uhr
Position: 24°24,4‘ N, 020°59,3’W
Wetter: tagsüber Sonne satt, nachts Sterne und Sternschnuppen satt
Wind: 5 Bft
Seekrankheit: 0%
Wale: 0
Stimmung: zickezackezickezacke… schlecht! (Gruß an die Crew von Etappe 6 – in echt natürlich super!)

Jette

ARC Start – Atlantiküberquerung Tag 1

Als wir gestern in Las Palmas abgelegt haben, gab es eine große Auslaufparade. Alle haben vor Euphorie gestrahlt und ihre Freude mit ihrem Horn ausgelebt. 😀
Auch wir haben uns sehr gefreut endlich wieder die Segel zu hissen und den Atlantik zu überqueren. Die Windvorhersage war gut für uns und Sonne hatten wir auch.
Also legten wir los und setzen die Segel. Als wir dann den Motor ausschalten wollten, passierte genau das, was wir nicht erwartet hatten: Nichts. Der Motor lief einfach weiter… Es waren nur noch 15 Minuten bis zum Start. Wir waren uns alle einig, dass könne gar nicht wahr sein, denn wir hatten die letzte Woche so viel am Motor gearbeitet und er ging immer ohne Probleme aus.
Also macht sich Chris auf die Suche nach dem Fehler am Schaltpanel, diese funktionierte jedoch. Als der Startschuss gefallen war, lief unser Motor immernoch im Leerlauf mit… Also wählten wir unseren altbekannten Telefonjoker: Lutz.
Die Ferndiagnose ging fix und plötzlich war der Motor aus. Riesen Freude an und unter Deck. Danke Lutz, dass du immer den richtigen Rat für uns hast. 🙂
Nachdem wir nochmal getestet hatten, ob der Fehler wirklich behoben war, konnten wir uns endlich auf die Regatta konzentrieren. Wir optimierten den Segeltrimm und erfreuten uns an dem guten Wind und wunderschönen blauen Wasser, welches in großen Wellen am Schiff brach. Die Freude teilten allerdings nicht alle Crewmitglieder, denn die Seekrankheit sollte uns nicht ganz verschonen… Wir hatten 5-6 Bft mit zunehmender Tendenz in Richtung Nacht. Und genauso kam es auch. Nachts stand fast durchgängig die 7 Bft auf der Anzeige und das Steuern war ein echter Kraftakt. Zum Morgen hin wurde der Wind ein bisschen weniger und die Stimmung an Bord besser. Inzwischen haben wir uns schon relativ gut eingeschaukelt und sausen mit Geschwindigkeiten von bis zu 14 Knoten die Wellen runter.
Svenja

Es geht los!

Wir haben gerade abgelegt und freuen uns auf die Überfahrt über den Atlantik. Auf dem ARC Fleet Tracker könnt ihr uns verfolgen!
Dieser Link ist hoffentlich der richtige 😉
https://www.worldcruising.com/arc/eventfleetviewer.aspx

Letztes Foto auf Gran Canaria
Wir haben übrigens ein neues Crewmitglied: Gertie aus Schweden wollte per Anhalter mitgenommen werden in die Karibik