Sind wir auf dem Atlantik oder auf einem Berg?

Mit dem Wechsel auf den anderen Bug kam gestern auch ein Wechsel des Windkurses. In den Abendstunden wurde wieder am Wind gesegelt, was die Lage an Bord wieder wesentlich schräger machte. Während ein Teil den neuen Bug ersehnte, vertäufelte der andere Teil diesen, denn das Hinein- und Herausklettern bei doller Lage erweist sich jedesmal, insbesondere bei den oberen Kojen, als Herausforderung.
Dank des Drei-Wach-Systems konnte man mengenmäßig mehr Schlaf abbekommen. Theoretisch. Mit der Nacht kam nämlich leider auch langsam die befürchtete Flaute und damit schlagende Segel. Die Wache vor uns (24 Uhr bis 4 Uhr) hatte noch etwas Glück und bekam hier und da noch eine kleine Menge Wind ab, unsere Wache hingegen ging leer aus und so beschlossen wir das Vorsegel herunterzunehmen. Beim Bergen des Segels bekamen wir immerhin noch Besuch von Delfinen, die uns eine kleine Springshow bieten konnten. Um den Schlaf der Anderen nicht auch noch durch den Motor zu stören saßen wir die Flaute aus und beobachteten dabei ein paar Thunfische, die aus dem Wasser sprangen und wieder hineinflatschten sowie einen Tanker, welcher doch recht nah an uns vorbeifuhr. Der ursprüngliche Plan, den Motor zum Frühstück einzuschalten, wurde glücklicherweise durch das wiederfinden des Windes zerkreuzt. So wurde zum Ende der Wache noch die G1 hochgezogen und wieder mit Schräglage in die Koje geklettert.
Der Wind hielt leider nicht bis zu unserer Nachmittagswache. Die vorherige Strategie der anderen Wache mit Segeln nach Lee zu trimmen und damit doch noch den ein oder anderen Knoten herauszubekommen erwies sich als nicht zielführend und so wurde die G1 zu Beginn unserer Wache wieder geborgen und die Dieselfock angeschmissen. Mit Sonnenschein, Musik und einer frisch aufgesetzten Kanne Kaffee ließ sich das aber doch recht gut aushalten und so saßen wir die Flaute aus und genossen die, mit der Dieselfock einhergehenden, ruhige Nachmittagswache.
Wie es nicht anders sein konnte wurde zu Beginn der neuen aufziehenden Wache wieder die G1 gesetzt und der Wind gefunden. Mittlerweile zurück auf dem Backbordbug, irgendwann wurde nämlich noch mal das Bug gewechselt aber durch das ausbleiben des Windes konnte man das nicht spüren. Außerdem immernoch am Wind, das heißt es werden wieder die Kletterfähigkeiten der Crewmitgliedern gefordert.
Unter Deck beschäftigte ich mich derweil mit der Suche nach einer Kerze in der Bootsmannlast („Guck da mal, es müsste da eigentlich irgendwo noch eine sein“), denn wir wollten die von Hanna verfasste Flaschenpost versiegeln und über Bord schmeißen. Gerade als mich die Motivation verlassen und ich doch noch für Locktidee, Sekundenkleber oder andere Klebstoffe plädieren wollte fand ich die gesuchte Kerze und so machten Hanna und ich uns daran, den Korken zu versiegeln. Mal schauen ob bzw. wann wir eine Antwort erhalten aber wir sind guter Dinge.
Nun geht es segelnd in die Nacht hinein, gestärkt mit einem leckeren Tomatenrisotto und, dank der herrschenden Schräglage, fliegende Trinkflaschen und Plastikbecher.
Jule
Position: 35°56,41’N 048°12,81’W
Rasierte Bärte: 1
gesehene Schiffe/Boote: 2
springende Thunfische: 3
Motto des Tages: „Das nächste Mal gehe ich in die Berge, da muss ich nicht so viel klettern!“