55 tolle Sachen möcht‘ ich in der Karibik machen! Folge 21/55: Einen Sun-Downer auf Martinique trinken

Diesen Artikel hat Holger für uns geschrieben:

Die Zuckerrübe ist Schuld. – Plötzlich war sie en vogue, Zuckerrohr hingegen Schnee von gestern, die Blase platzte und die Zuckerbarone der französischen Antillen waren über Nacht nur noch arme Bauern mit jeder Menge Land und zu vielen teuren Arbeitern… – Zucker? Aus Übersee importieren? Lächerlich! Wir haben doch die gute Rübe. So war das damals.

Bananen (zweitwichtigstes landwirtschaftliches Produkt nach dem Zuckerrohr) konnte man damals noch nicht in frischem Zustand nach Europa bringen. – Was also machen mit all dem Land, all dem Zuckerrohr? – Schnaps draus brennen. Das war die Lösung (und ist es bis heute).

Schnapsbrennen – Rum genauer gesagt – das konnte man auf den Antillen bereits. Auf jeder Insel – ob klein oder groß – steht dort eine Destille. Aber: Bislang war der Schnaps ein Abfallprodukt der Zuckerherstellung gewesen: Ist der Zucker aus dem eingedickten Zuckerrohrsaft erst einmal auskristallisiert, bleibt eine dickflüssige immer noch recht süße Flüssigkeit zurück, die Melasse. Die kann man ans Vieh verfüttern oder aber: vergären und Rum draus machen.

Melasse gab es auf den französischen Antillen Martinique und Guadeloupe nicht mehr, weil es ja (siehe oben) wegen der ollen Rübe in Europa plötzlich keinen Bedarf an Zucker mehr gab. – Rum kann man aber auch direkt aus dem Saft des Zuckerrohrs machen. Das hatte man auf den französischen Antillen schnell heraus.

Was man ebenso schnell merkte: Benutzt man statt des Gammelabfalls Melasse, aus dem noch heute so minderwertige Sorten wie Captain Morgan oder Havanna Club gebraut werden, den herrlich duftenden süßen Saft des Zuckerrohrs, so entrinnt der Destille nach getaner Arbeit eine Essenz, klar wie Wasser, duftend wie Parfüm, eine Flüssigkeit, die den Wohlgeruch aller Früchte der Welt eingefangen zu haben scheint. Spuren von Pfirsich vermischen sich mit einem Hauch Ananas, darunter schmeckt man grünen Apfel und frische Feigen hervor, vollreife Guave, Melone…

Vermischt man diesen rhum agricole mit zwei, drei Fruchtsäften und kredenzt ihn einem geneigten Verkoster, ohne die Inhaltsstoffe zu erwähnen, so wird dieser ewig rätseln, welche Frucht man noch in diesen Cocktail gemischt hat – das Parfüm des Zuckerrohrs.

Ach ja, fast vergessen: hier geht es ja um 55 tolle Sachen, die wir in der Karibik machen wollen. Also, ich habe mir folgendes fest vorgenommen: Auf Martinique werde ich einen Discounter meines Vertrauens aufsuchen, der rhum agricole für weniger als 4€ den Liter (50 Vol.% Alc.) verkauft. Danach hoffe ich auf dem Markt frisch gepressten Zuckerrohrsaft zu bekommen. Beides werde ich gegen 17.45 Uhr in einen großen Tumbler geben, gecrushtes Eis hinzufügen, gut rühren und danach in Cocktailgläser füllen. Von diesen werde ich jedem Crew-Mitglied eines in die Hand geben, mich an Deck begeben und der Sonne beim Untergehen zusehen. Und wenn wir den grünen Blitz sehen, werde ich vorsichtig an meinem Getränk nippen, mir den Schweiß von der Stirn wischen und – ganz ohne Wehmut – an Weihnachtsbäume und Glühweinstände in deutschen Fußgängerzone denken.

 

2 Gedanken zu „55 tolle Sachen möcht‘ ich in der Karibik machen! Folge 21/55: Einen Sun-Downer auf Martinique trinken

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